Gärnter der Seele. Psychiatrie heute – eine kritische Bilanz, München: dtv 1996.
Für Dichter und Denker liegen Genie und Wahnsinn seit jeher nah beieinander. Für den "Normalmenschen" jedoch sind der "Verrückte", der "Spinner", der "Besessene" bedrohlich. Selbst in den Reihen der professionellen Seelenheiler, schützt man sich vor dem Wahnsinn und sucht ihn durch immer ausgeklügeltere Rationalisierungsstrategien zu beherrschen. Ob nun die Neurobiologie Geisteskrankheiten auf neuronale Störungen im Gehirn zurückführt, ob die Psychoanalyse die Vorgänge des Unbewussten anzuverwandeln sucht, die Psychiatrie das Unheil mit Tabletten bekämpft oder die Soziologie schließlich die Gesellschaft für jede Art von anormalem Verhalten verantwortlich macht – sie alle verbindet das Bedürfnis zu analysieren, zu systematisieren und zu erklären und damit eine übergeordnetet, geschützte Position einzunehmen. Vor dem Hintergrund der heutigen Forschung, Lehre und Praxis der Psychiatrie entwickelt Edouard Zarifian sein Ideal des Psychiaters als "Gärtner der Seele", der nicht Krankheitssymptome und Verhaltensauffälligkeiten "seziert", sondern den Menschen als Ganzheit im Blick hat, als bio-psycho-soziales Wesen.
Edouard Zarifian, geboren 1941 in Paris, ist Neurologe, klinischer Psychologe und Professor für Psychiatrie an der Universität von Caen.